Montag, 9. Januar 2017

Mr. Zuverlässig

Bild: Eurocup
Wenn die Rede vom jüngsten Erfolg der medi Bayreuth ist, werden immer wieder Joseph „Trey“ Lewis oder Andreas Seiferth genannt. Dabei ist Nate Linhart ebenfalls eine tragende Säule des Erfolges.

Die NBA hat einen inoffiziellen Club: Den 50-40-90-Club. Bisher gehören sieben NBA-Profis diesem elitären Kreis an, darunter auch Dirk Nowitzki. Voraussetzung für die Aufnahme in den Club ist eine 50%ige Feldwurfquote, eine 40%ige Dreierquote und eine 90%ige Quote von der Freiwurflinie.
In der BBL wurde dieser Club noch nicht eingeführt, aber in der letzten Saison wäre Bryce Taylor vom FC Bayern Basketball ein Mitglied geworden. In dieser Saison kratzt zumindest Nate Linhart an dieser Marke als einziger Profi.

Akron Boy
Jeder der irgendetwas über Akron liest, verbindet die Stadt in Ohio automatisch mit dem NBA Profi LeBron James. Dabei hat Nate Linhart fast nix mit dem besten Basketballspieler des 21. Jahrhundert gemeinsam. Lediglich in seinen ersten zwei Jahren an der University of Akron spielte er gemeinsam mit dem Highschool-Freunden von LeBron James, Dru Joyce und Romeo Travis, zusammen. Dabei fiel Nate Linhart in seiner Zeit an der Universität nie besonders offensiv auf. Seine Fähigkeiten lagen mehr abseits des Balles und in der Verteidigung. Mit seinen 186 Steals in den vier Spielzeiten belegt er aktuell den dritten Platz der Bestenliste der Akron Zips. In seinem letzten Jahr schaffte er historisches mit der Mannschaft: Die Qualifikation fürs NCAA-Turnier nach über 23 Jahren. Zwar schied man bereits in der ersten Runde gegen Gonzaga aus, aber bis zur achten Minute der zweiten Halbzeit konnte man das Tempo des Favoriten aus dem hohen Norden mithalten. Aber Josh Heytvel zeigte seine individuelle Klasse und führte seine Mannschaft mit 22 Punkten zum Sieg. Nate Linhart verabschiedete sich mit einer soliden Vorstellung aus Akron und erzielte
15 Punkte. Dabei hat sein Trainer Keith Dambort eine feste Meinung über Linhart: „Akron vermisst einen harten Verteidiger wie Nate Linhart. Er war ein großartiger Kämpfer zum Rebound.“

Kurz Europa, dann doch NBA?
Trotz dieser warmen Worte seines ehemaligen Übungsleiters wurde er weder von einem NBA-Team gedraftet noch wurde er zu einem Trainingscamp eingeladen. Am Ende landete Nate Linhart in Österreich bei den Fürstenfeld Panthers. Die Steirer haben eine historische Saison hinter sich, denn zum ersten Mal in ihrer Vereinsgeschichte sicherten sie sich den Pokal. Zudem konnten sie sich bis ins Halbfinale der Meisterschaftsrunde vorkämpfen, aber scheiterten an den zukünftigen Wels. Mit Nate Linhart an der Spitze begann die Saison 2009/10 bereits mit einem Paukenschlag. Zum ersten Mal gewann Fürstenfeld den Supercup und Gegner war ihr Nemesis der letzten Saison WBC Raiffeisen Wels. Insgesamt fühlte sich Nate Linhart in seiner ersten Station in Europa sichtlich wohl. Er spielte alle 44 Spiele der Saison und stand dabei 42mal in der Anfangsformation. Wenn er gemeinsam mit Jasmon Youngblood, Timothy Burnette, Shelton Colwell und Desmond Penigar auf dem Parkett stand, hatten sie im Durchschnitt 60 Punkte mehr gemacht als die gegnerische Aufstellung. Auch im Teamverband hat sich die Verteidigung seit der Ankunft von Nate Linhart verbessert. Während 2008/09 der Gegner über 89.7 Punkte pro Partie erzielen konnte, lag die Durchschnittspunktzahl 2009/10 nur noch bei 71.6 Punkten pro Spiel. Trotz bemerkenswerter Zahlen reichte es am Ende nicht für den Meistertitel. Eine gut eingestellte Mannschaft aus Gmunden – trainiert von Mathias Fischer – und ein nicht zu stoppender Deteri Mayes waren am Ende zu viel.Trotz Wohlfühlfaktor in Österreich verfolgte Linhart seinen Traum von der NBA weiter. Er wechselte in die D-League und schloss sich den Erie BayHawks an. Dennoch erfolgte kein Anruf von einem General Manager eines NBA Vereins in der Zeit. Die Gründe sind vielfältig: Einerseits wusste Nate Linhart immer noch nicht offensiv auf sich aufmerksam zu machen in einer schnellen Liga und andererseits sind die Erie BayHawks eher ein unscheinbares D-League Team. Aber insbesondere in der Verteidigung wusste Nate Linhart wieder die Aufmerksamkeit auf sich zu ziehen und war einer die besten Balldiebe innerhalb der D-League.
Willkommen in der BBL
Mit dieser Ausrichtung des Spiels passte er perfekt ins Spiel und System von Henrik Rödl und ein Wechsel nach Trier erfolgte. Hierbei kam es zu einer Wiedervereinigung mit Dru Joyce. Dieser war bereits 2010 an die Mosel gewechselt. Dabei nannte ihn Henrik Rödl bei seiner Verpflichtung „einen vielseitigen Spieler auf der Position Drei“. Zwar konnte Trier den Erfolg mit Platz 10 aus der Vorsaison nicht wiederholen und landete auf Platz 14. Aber für Nate Linhart war es eine wichtige Erfahrung. Seine 9.3 Punkte pro Spiel waren der schlechteste Wert seit dem Verlassen der Universtiy of Akron. Dabei hatte dies zweierlei Gründe: Einerseits nahm er nur 189 Würfe pro Partie und zum anderen traf er lediglich 27,2% seiner Distanzwürfe. Dennoch war er als Balldieb in der Liga gefürchtet und klaute insgesamt 57mal den Ball – somit Ligabestwert.  In der Folgesaison kam es zum Umbruch innerhalb der Trierer Mannschaft und er blieb gemeinsam mit Andreas Seiferth und Joshiko Saibou übrig. Daraufhin übernahm Nate Linhart immer mehr Verantwortung und schraubte seinen Punkteschnitt auf 12.6 Punkte (Karriere-Höchstwert) und traf über 50% seiner Würfe sowie 39,5% seiner Distanzwürfe. Auch als Balldieb blieb sich Nate Linhart treu und klaute über 1,5mal den Ball pro Partie.

Europabummler
Nach diesen bemerkenswerten Zahlen und kaum anwachsenden Etat-Zahlen in Trier konnte Nate Linhart nicht zum Bleiben überredet werden. Daraufhin heuerte er beim italienischen Vertreter Umana Venezia an. Diese gewährten ihm knapp 24 Minuten Spielzeit und diese nutzte er für 9,4 Punkte pro Partie. Erwähnenswert hierbei ist seine Fähigkeit als Distanzschütze, denn er traf erstmals in seiner Karriere über 40% jenseits der 6.75m. Dennoch blieb der Mannschaftserfolg aus und Venezia landete lediglich auf Platz 11. Dabei konnten einige Überraschungssiege gefeiert werden: Wie am sechsten Spieltag gegen Mailand oder am zwölften Spieltag gegen Cantu.
Zu Beginn der Spielzeit 2014/15 standen die Zeichen auf eine Rückkehr in die Basketball Bundesliga. Der norddeutsche Verein Artland Dragons sicherte sich die Dienste von Linhart. Aber Maccabi Tel-Aviv bekundete Interesse an Linhart und kaufte ihn schlussendlich aus seinem Vertrag. Die Artland Dragons wurden mit einer Ablösesumme von 110.000€ damals entlohnt. Für Nate Linhart war es der größte sportliche Sprung. Erstmals in seiner Karriere durfte er in der Euroleague auflaufen und sich mit den Besten der Besten messen. Insgesamt 20mal durfte Linhart auf der höchsten europäischen Klasse spielen und erzielte dabei knapp 6 Punkte pro Partie. In der israelischen Liga kam er deutlich weniger zum Zuge. Nur 14 Mal ließ ihn Guy Goodes lediglich aufs Spielfeld. Dennoch nutze Nate Linhart seine Chancen und erzielte durchschnittlich 8,4 Punkte und angelte sich 5.1 Rebounds pro Partie. Trotz eines namhaften Kaders enttäuschte Maccabi Tel-Aviv in der eigenen Liga und holte nur den israelischen Pokal. Da es bei Maccabi Tel-Aviv wenig Beständigkeit gibt, wurde auch Nate Linhart Opfer der Rotationswut des Hauptstadtclubs. Im Sommer bekam er einen Anruf von Andreu Casadevall aus Saragossa. Dieser hatte bereits den Deutschen Robin Benzing nach Aragonien gelotst. Gemeinsam mit Robin Benzing soll Nate Linhart ein gutes Tandem auf der Drei geben. Aber Robin Benzing zeigte immer wieder größere Entwicklungsschritte als Linhart und somit bekam er immer mehr den Vorzug. Am Ende stand Linhart zwar 16 Minuten auf dem Parkett, aber konnte lediglich 4.1 Punkte pro Partie erzielen und traf nur 27% seiner Distanzwürfe. Im Eurocup sah seine Quote zwar bisschen besser aus, aber sein Punkteschnitt hob sich lediglich um 1.4 Punkte pro Partie.

RückkehrerDas Nate Linhart nun ausgerechnet bei medi Bayreuth seine Karriere fortsetzt ist kein Zufall. Denn sowohl sein Trainer Raoul Korner kennt ihn bereits als auch seine Teamkameraden Andreas Seiferth und Bastian Doreth. Raoul Korner über seinen Schützling: „Ich kenne Nate schon seit seiner Rookie-Saison in Österreich und bereits seit damals bin ich von seiner Vielseitigkeit und Spielintelligenz beeindruckt. Ebenso wichtig wie seine unbestrittenen spielerischen Qualitäten sind mir sein positiver Charakter und seine professionelle Einstellung!“ Seine Vielseitigkeit zeigt er bereits in dieser Saison mittels 10.2 Punkte, 4.4 Rebounds und 3.4 Assits pro Spiel und ist somit auch der Effektivste seiner Mannschaft. Darüber hinaus ist er durchaus ein Kandidat am Ende der Saison für den 50-40-90-Club sowie eine tragende Säule für die erste Playoff-Teilnahme der medi Bayreuth.

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