Dienstag, 4. August 2020

Willkommen zurück, Andrea Trinchieri

Bildquelle: Easycredit BBL

Es war der 02.12.2003 als Andrea Trinchieri seine ersten Berührungspunkte mit der BBL hatte. Damals stand der 4. Spieltag des ULEB Cups an und Andrea Trinchieri war als Co Trainer zu Besuch in der Ballsporthalle in Frankfurt. Nach der Saison folgte eine Reise als Cheftrainer quer durch Italien ehe er in der Saison 2013/14 mit Unics Kazan sich einen Namen im europäischen Basketball machte. Anschließend erfolgte sein erstmaliges Engagement in der BBL bei Brose Bamberg.

Am 15.07.2020 kehrt Andrea Trinchieri als Cheftrainer in der BBL zurück und übernimmt das Zepter beim FC Bayern Basketball. Bei der Pressekonferenz hat er angekündigt, dass er sich verändert hätte. Eine Analyse des bisherigen zusammengestellten Kaders.

Guards
Bereits in Kazan versuchte der Italiener seine Spielphilosophie mit 3 Guards durchzusetzen. Damals bekleidete Tywain McKee die Aufbauposition, Andrew Goudelock war der dominante Combo Guard und Nikos Zisis war der groß gewachsene First Pass Guard sowie verlängerte Arm von Andrea Trinchieri. Problematisch, aber auch wohlmöglich das Verhängnis des Eurocup Finales war die komplette Ausrichtung auf das Spiel von Andrew Goudelock. Dadurch konnte Tywain McKee nicht immer seine Fähigkeiten ausspielen. Anschließend zog Andrea Trinchieri weiter nach Bamberg. Auch dort installierte Trinchieri 3 Guards. Brad Wannamaker sollte der verlängerte Arm darstellen. Janis Strelnieks, der solide Schütze mit Aufbauspielerfähigkeiten und Carlon Brown der dominante Scorer. Leider kam es zur Verletzung von Carlon Brown und Trinchieri musste seinen Kader neu ausrichten. In dem Zusammenhang bekam Karsten Tadda mehr Spielanteile. Im Laufe der Saison wurden dann Josh Shipp und Dawan Robinson nachverpflichtet. In seiner zweiten Saison in Bamberg kam es zur Wiedervereinigung mit Nikos Zisis. In der dritten Saison in Bamberg verließ Brad Wannamaker den Verein und an seiner Stelle wurde Fabien Causeur eingesetzt. Auch mit dem Franzosen funktionierte weiterhin das Prinzip der 3 Guards. In seinem letzten halben Jahr in Bamberg versuchte Andrea Trinchieri das System mit Hilfe von Ricky Hickman, Daniel Hackett und Nikos Zisis zu implementieren. Aber offenbar haben weder Ricky Hickman noch Daniel Hackett damals das Spielsystem verstanden. Danach heuerte Andrea Trinchieri bei Partizan Belgrad an. In seiner ersten kompletten Saison beim serbischen Eurocup Vertreter setzte er seine Idee weiter fort. Die Achse hieß dort: Marcus Paige, Vanja Marinkovic und Rade Zagorac bzw. im Laufe der Saison stieß Alex Renfroe zur Mannschaft. Als solide Passgeber etablierte sich in dem Gefüge Marcus Paige mit 4.1 Vorlagen und Alex Renfroe mit 5.5 Vorlagen. In seiner zweiten Saison versuchte er zwar mit 3 Guards zu spielen, aber wie in seinem letzten Jahr in Bamberg funktionierte das System nicht immer tadellos. Aber nun zurück zu den Bayern und ihren aktuellen Kader. Mit TJ Bray verfügt Andrea Trinchieri über einen verlängerten Arm des Trainers mit ähnlicher Veranlagung wie Nikos Zisis mit zusätzlicher Wurfvariation. Mit Petteri Koponen hat er den überdurchschnittlichen Schützen mit Spielaufbaufähigkeiten wie einst Janis Strelnieks in Bamberg. Wade Baldwin kann der dominante Guard in diesem Dreiergeflecht sein, wenn er seine kompletten Fähigkeiten zeigt.

Fazit: Der FC Bayern Basketball braucht nicht unbedingt einen klassischen Point Guard wie einst Stefan Jovic oder Braydon Hobbs in ihren Reihen. Das Spielsystem von Trinchieri sieht eine aktuelle Guard Rotation vor. Außerdem gibt der Kader noch mehr Optionen her wie beispielsweise Nihad Djedovic oder auch Nick Weiler-Babb.

Forwards
Aufgrund des Einsatzes von 3 Guards wird die Small Forward Position bei Andrea Trinchieri oftmals vernachlässigt. In Kazan war dort Dreh und Angelpunkt Chuck Eidson. Der ehemalige Gießen Spieler konnte auch aufgrund seiner Statur auch damals auf die Power Forward Position abrücken zur Not.
In seinem ersten Jahr in Bamberg hatte Andrea Trinchieri diese Rolle für Ryan Thompson vorgesehen. Aber auch sollte Josh Duncan damals sowohl auf dem Small Forward als auch auf dem Power Forward sowie Center aushelfen. Aber ähnlich wie bei Carlon Brown musste Josh Duncan verletzungsbedingt die Rotationsidee von Trinchieri umbauen lassen. Dies war der Moment von Darius Miller. Der Alumni der University of Kentucky entpuppte sich als Glücksgriff und auch in der zweiten Saison von Trincheri war Miller Dreh und Angelpunkt auf dieser Position. Auf der Power Forward Position sollten in seiner zweiten und dritten Saison Nicolo Melli und Daniel Theis eine variable Rolle einnehmen. Ähnlich wie auf der Guard Position funktionierte die Forward Position nicht im letzten halben Jahr bei Trinchieri. Einerseits entpuppte sich Quincy Miller als nicht diszipliniert genug und Luka Mitrovic hatte mit Verletzungssorgen zu kämpfen. Nur Augustine Rubit wurde seiner Rolle gerecht. Im ersten vollständigen Belgrad Jahr übernahm diese Rolle Jack Landale und dieser bekam von Stefan Jankovic Unterstützung. Im zweiten Jahr bestand die Rotation aus Rashawn Thomas und Stefan Bircevic. Zu Beginn der Saison sah Andrea Trinchieri noch James McAdoo für diese Rolle, aber er tauschte ihn verletzungsbedingt gegen Reggie Redding aus.
In München kann für diese Rollen einerseits auf Vladimir Lucic bauen, aber auch kann Nick Weiler-Babb die Darius Miller Rolle übernehmen mit der Zeit. Aber auch Paul Zipser kann eine größere Rolle übernehmen in dieser Rotation. Auch ist die Akquisition von JaJuan Johnson kein Zufall, denn Johnson spielte damals gemeinsam mit Brad Wannamaker in einer Mannschaft und wusste auch zu überzeugen.

Fazit: Das Andreas Trinchieri keinen zweiten Darius Miller auf dem Spielermarkt finden wird, ist sowieso klar. Aber die Forwards sind ziemlich variabel einsetzbar und passen somit genau in den Geschmack des Italieners. Insbesondere Nick Weiler-Babb könnte manche überraschen in seiner Rolle.

Center
In Kazan und dort insbesondere beim Eurocup war der Trumpf von Andrea Trinchieri der eher der variable und eher „kleinere“ Center. Für diese Rolle war damals Luke Harangody der perfekte Spieler. In seinem ersten Bamberg Jahr war dort Trevor Mbakwe sofort zu Stelle in der Zone, wenn es brennt. Im zweiten und dritten Jahr übernahm diese Rolle einerseits Daniel Theis und andererseits Leon Radosevic. Wobei Radosevic eher die klassische Center Rolle bekleidet hatte. Im letzten Bamberg Jahr war zwar Radosevic noch im Kader, aber weil die Spielidee bereits auf der Forward Position wie angesprochen nicht 100%ig funktionierte setzte sich dies leider auch auf der Center Position fort. Zwar versuchte Augustine Rubit auch hier die Lücke zu stopfen und während der Saison auch Dejan Musli. Aber die Saison war aus Sicht von Trinchieri sowieso schon zum Scheitern verurteilt. In Belgrad übernahm Jack Landale diese Doppelrolle, aber auch überzeugten Bandja Sy oder Djordje Gagic mit ihren Fähigkeiten. In seinem zweiten Belgradjahr übernahm der ehemaliger Bonner Stefan Bircevic die Doppelrolle. Die Rolle des „kleinen“ Center hatte der US-Amerikaner William Mosley inne.
In der kommenden Saison hat Andrea Trincheri ein „Luxusproblem“ auf der großen Position. Einerseits kann JaJuan Johnson die Doppelrolle ausfüllen, aber diese kann ebenfalls Malcolm Thomas je nach Gegner. Jalen Reynolds könnte die Erinnerungen an Trevor Mbakwe hervorrufen zumindest bezüglich seines Inside Spiels.

Fazit: Es ist kein Zufall, dass das Andrea Trinchieri damals Kyle Hines entdeckte. Aber in der kommenden Saison könnte hier der gewisse Unterschied liegen zu seinen bisherigen Stationen. Inwieweit hier die Balance zwischen Liga und Euroleague gefunden werden kann, bleibt spannend zu betrachten.